Ärzteschwund nimmt dramatische Ausmaße an

16.05.2023

Hohenwestedts Kommunalpolitiker sehen die hausärztliche Versorgung in ihrer Gemeinde gefährdet. Auch der hauptamtliche Bürgermeister Jan Butenschön schätzt die Lage als „dramatisch“ ein. Lediglich drei Allgemeinmediziner praktizieren derzeit in der Gemeinde. Vor anderthalb Jahren waren es noch doppelt so viele. Das Mittel der Gemeinde gegen den Ärzteschwund: Eine Werbekampagne soll Ärzte für Hohenwestedt als Wohn- und Arbeitsort begeistern – Kostenpunkt 80000 Euro.

„Eigentlich ist es schon 5 nach 12“, meint Bürgervorsteher Carsten Wiele (CDU) mit Blick auf die hausärztliche Versorgung in der Gemeinde Hohenwestedt: „Dies Thema muss für uns Gemeindevertreter in der neuen Wahlperiode die oberste Priorität haben.“

Warum die Werbekampagne oben auf der Agenda steht, macht der Lagebericht von Bürgermeister Jan Butenschön deutlich. Praktizierten Ende 2021 noch sechs Hausärzte in Hohenwestedt, so sind es jetzt nur noch drei: Dr. Dirk Reese (63 Jahre), Dr. Axel Graubaum (68) und Dr. Roman Lell (72). „Mit nur noch drei Hausärzten vor Ort ist die Situation als durchaus dramatisch einzustufen“, meint Butenschön.


80 000 Euro werden in eine PR-Aktion investiert

Deshalb soll nun gehandelt werden: Als Sofortmaßnahme investiert die Gemeinde 80000 Euro in eine gezielte PR-Aktion. „Wir wollen mit unserer Werbekampagne Ärzte, die sich für den ländlichen Raum interessieren, für den Standort Hohenwestedt begeistern“, erklärt Butenschön. Man wolle ansiedlungswilligen Ärzten drei Alternativen aufzeigen, bei denen sie jeweils auf tatkräftige Unterstützung durch die Gemeinde zählen könnten: die Übernahme einer Praxis, den Einstieg in eine Gemeinschaftspraxis oder die Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ), das noch gegründet werden müsste. „Bei einem MVZ gäbe es eine Betreibergesellschaft, die Ärzte anstellen könnte“, erläutert Butenschön.
„Ich hoffe sehr, dass die Gemeinde Hohenwestedt mit diesen Maßnahmen Erfolg haben wird, denn mit nur noch drei Hausärzten haben wir definitiv ein Problem“, sagt Dr. Dirk Reese. Die Bereitschaft von jungen Ärzten, sich im ländlichen Raum niederzulassen, hat sich nach seiner Beobachtung „in den letzten 20 Jahren sehr verändert.“

Schon vor fünf Jahren war das Problem sichtbar

Dass sich der schwindende Bestand an Allgemeinmedizinern vor Ort zu einem Problem entwickeln könnte, hatten die Kommunalpolitiker bereits vor fünf Jahren erkannt. „2018 haben wir erste Gespräche mit den Hausärzten vor Ort geführt und eine Situationsanalyse vorgenommen“, erzählt Bürgermeister Jan Butenschön. 2019 gab die Gemeinde bei der Ärztegenossenschaft Nord eine Machbarkeitsstudie für ein Ärztehaus in Auftrag und wurde 2021 eine gemeinsame Projektinitiative entwickelt.
Weil an der Idee eines Ärztehauses bei Medizinern zu wenig Resonanz fand, wurde sie Ende 2021 aufgegeben. Die Gemeinde beschloss, zwei unterschiedliche Lösungsansätze zu weiterzuverfolgen: die Einrichtung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie die Unterstützung der örtlichen Allgemeinmediziner bei der Suche nach passenden Nachfolgern.  

Quelle: sh:z